Optimaler Ertrag Ausrichtung und alte Zöpfe

Bei fast allen Anlagen, insbesondere bei Plug&Play Anlagen die auf 600W abgeregelt sind fragen mich Kunden was das Optimum für die Ausrichtung ist...
Kurz: Süd 30 Grad. Aber:

Alte Zöpfe sollte man abschneiden

Die Frage nach allen möglichen Optima war früher, als alles was Solar betraf, sehr sehr seeehr  teuer war, natürlich wichtig...
... zumal die Subventionen über den Verkauf des Stromes per kWh und bis zu 1CHF/€ erfolgte.

Heute sind Photovoltaikanlagen aber viel günstiger und vor allem in der Schweiz bekommt man Einmalzahlungen (als Wettbewerbsausgleich) und sehr niedrige Vergütungen. Oft nur 5 Rappen (ca. 4€-Cent / kWh - jedenfalls bis Putin die Energiepreise explodieren liess). 

Dafür sind die Anlagen direkt im Haus angeschlossen, so dass man den Solarstrom zuerst selber verbraucht, bevor man ihn einspeist / verkauft oder gar verschenkt (bei Plug&Play).

Der Eigenverbrauch ist aber 0.25 - 0.3 CHF/€ wert (also oft 5x so viel wie der Verkauf), weil der Strom den man einkauft, so viel kostet! Und dieser ist bei Sonne sehr schnell schon mit wenigen Modulen gedeckt.

Daher ist die Amortisation bzw. Rentabilität relativ unabhängig von der optimalen Ausrichtung der Module, viel eher jedoch vom Montageaufwand.

Heute bringen viele Optimierungen also weniger zusätzlichen Ertrag, als wenn man das benötigte Geld bzw. den Aufwand in zusätzliche Module investiert. Und doch spukt in den Köpfen oft noch zuallererst die Frage nach der optimalen Ausrichtung und dem optimalen Winkel herum.

Eigenverbrauch bei Sonne und bei Wolken

Die durchschnittliche Dauerlast / Grundlast pro Haushalt beträgt 200-400W (Leistung nicht Energie: W/kW statt KiloWattStunden / kWh) und 4000kWh Verbrauch pro Jahr.

4000kWh/365/24 = 457W Dauerleistung im Schnitt. Natürlich ist der Verbrauch sehr verschieden, je nach dem ob jemand viele kleine Verbraucher, hat oder wenige grosse wie z.B. Wasserboiler, Wärmepumpe, viel Kochen etc. .

A) 200-400W Bedarf deckt man bei Sonne schon mit 1-2 Modulen. Standardmodule hat ja inzwischen eine Nennleistung von 320-400W. Selbst die halbe Leistung 2er Module beträgt schon 300-400W!

B) Bei Wolken / Schatten / schlechtem Wetter beträgt die Leistung aber oft nur 5-20%... 
10% von 4 Modulen mit zusammen z.B. 1400W sind nur 140W. Und diese 140W verbraucht man immer selber.

Das bedeutet aber, das fast jede Optimierung (nur) den Ertrag bei Sonne erhöht. Also zu einem Zeitpunkt zu dem der Eigenbedarf in der Regel bereits gedeckt ist und ein höherer Ertrag billig verkauft oder verschenkt wird, oder gar auf 600W limitiert und abgeregelt ist. Deshalb bringt eine solche Optimierung in diesen Fällen wenig bis nichts.

Je schlechter das Wetter, desto weniger spielt die Ausrichtung eine Rolle. Unter den Wolken gibt es keinen Schatten, denn alles befindet sich im Schatten der Wolken.

Ca. 50% des Ertrages pro Jahr stammt aus diffusem Licht (Schatten/keine direkte Sonne). Die weitaus meiste Zeit erzeugt eine Solaranlage eine Leistung weit unterhalb der Nennleistung der Anlage und somit selbst bei einer Nennleistung von 1300W weniger als 600W. Mit dem Nennleistungsverhältnis von ca. 50% beträgt der Verlusst laut einer Ertragsberechnung mit SMA Sunnydesign nur etwa 12%.

Wie oben geschildert ist der Eigenverbrauch ist im Teillastbereich am höchsten. Bei höheren Erträgen wird meist Strom an das EW verschenkt.
Deshalb ist eine Ertragssteigerung im unteren Bereich mit hohem Eigenverbrauch viel wertvoller, als der Verlusst im oberen Bereich. 


Aussnahmen...

Bei Ost-West oder verschiedenen anderen Ausrichtungen (Balkon+Terasse+Dach+Fassade) müsste die Anlage noch mit Optimierern versehen werden, oder in den Modulen müssten solche integriert sein.

Der Grund ist: Die Module sind in Serie verschaltet und das schwächste bestimmt die Leistung aller. (Wie wenn man irgendwo auf den Gartenschlauch steht.)
 
Allerdings stellt sich die Frage, ob O/W wirklich sinnvoll ist. Denn die Plug&Play-Photovoltaikanlagen mit 4 Modulen erreichen die 600W sehr viel schneller und öfter, als Anlagen mit 1-2 Modulen. Darüber hinaus, beträgt der Basis-Eigenverbrauch meist nur einige hundert Watt, die bei Sonne sehr schnell gedeckt werden.
Eine Optimierung der Ausrichtung führt in der Regel also ebenfalls vor allem zu mehr Überschuss der nicht vergütet wird... 
(Einige wenige EWs halten sich an das Gesetz und vergüten auch Strom aus Plug&Play-Anlagen, zB das EWZ.)

In Sonderfällen z.B. einer Lage in einem Tal könnte ich mir vorstellen, dass eine Optimierung sinnvoller ist als normal. Um das zu beurteilen braucht man nähere Angaben.

Wenn man jedoch wenig Platz hat wie im Beispiel unten und z.B. 4 Module möchte, dann bringt z.B. eine O-S-W Ausrichtung zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten sogar einen deutlichen und nutzbaren Mehrertrag. Aber nur wenn die Module recht steil montiert sind, sonst ist Morgens, Abends und im Winter der Unterschied zu einer flachen Ausrichtung nur gering.



Es geht was geht....

Wenn man keine freie Wahl hat (wenig Platz oder unterschiedliche Dachflächen), ist die Frage der Ausrichtung bzw. des Winkels der Aufstellung heute für die Rentabilität nicht mehr entscheidend.

Beispiele:
- Flache Ost-West Aufständerung liefert "nur" ca. 15% weniger Ertrag als optimal 30 Grad nach Süden. Dafür aber einen gleichmässigeren Ertrag, siehe unten.
- 10 Grad mehr oder weniger beeinflussen den Ertrag auch nur um ganz wenige %.
- Selbst bei senkrechter Montage an der Fassade nach Westen oder Osten hat man immer noch ca. 50%. Ähnlich 30 Grad nach Norden sogar 60%. Siehe das Bild. 30 Grad Süd = 1120kWh, 30 Grad Nord 660kWh pro Jahr.
- Mehr Module erhöhen den wertvollen Ertrag bei schlechten Lichtverhältnissen der meist selber verbraucht wird. Wohingegen mehr Ertrag bei Sonnen schlecht oder gar nicht vergütet wird...


Auf dieser Seite der EU oben kann jeder schauen, welchen Ertrag, welche Neigung und welche Ausrichtung ergibt: https://re.jrc.ec.europa.eu/pvg_tools/en/tools.html#PVP



Für die Eingabe: Süd = 0, -90° Ost, 90° West und 180° Nord.
Die optimale Neigung 35°.


Was gilt für auf 600W abgeregelte oder Insel- Anlagen?

Ähnlich wie oben beschrieben:

1) Bei abgeregelten Anlagen (z.B. von 1500W auf 40% = 600W abgeregter Wechselrichter für mehr als 2 Module) erreicht der Ertrag bei Sonne die 600W schon bei ca. 45° statt 90° (senkrechtem) Einstrahlwinkel. Dementsprechend ist die genaue Aufstellungen relativ unwichtig.
Ähnlich bei Inselanlagen, die maximale Leistung / Nennleistung wird selten benötigt. Bei Sonne ist der Akku schnell voll. Bei Wolken hingegen reicht der Ertrag oft nicht und die Ausrichtung spielt fast keine Rolle...

2) Ca. 50% des Ertrages pro Jahr stammt aus diffusem Licht (Schatten / keine direkte Sonne). Die weitaus meiste Zeit liegt die Leistung einer Solaranlage weit unterhalb der Nennleistung der Module. Sogar deutlich unter 50% und die Abregelung grösserer Wechselrichter greift gar nicht, da der Ertrag die 600W nicht erreicht. Hier spielt die Ausrichtung fast gar keine Rolle, solange die Module den Himmel sehen.

3) Eigenverbrauch ist mit ca. 0.25 CHF/€ viel wertvoller, als verschenkter oder billig abgegebener Strom. Wenn der Eigenverbrauch vor allem zu bestimmten Zeiten benötigt wird, ist die optimalere Ausrichtung zu dieser Zeit besser, als die optimale Ausrichtung für einen hohen Jahresertrag.

4) Eigenverbrauchsquote: Man verbraucht von einem Ertrag aus niedriger Leistung < ca. 300W bei schlechtem Licht fast alles. Wohingegen Erträge aus höhere Leistungen oft verschenkt werden. Also ist die Erhöhungen der Maximalleistung gar nicht so wichtig, wenn man diese verschenkt. Viel wichtiger ist die Erhöhung der Leistung bei schlechterem Licht durch mehr Module.

5) Eine Ost/West Aufstellung würde den Eigenverbrauch leicht erhöhen benötigt aber Optimierer.
Warum dies? Weil z. B. 2 Module gleicher Ausrichtung bei viel Sonne zum Einen mehr als den Durchschnittsverbrauch von 200-400W leisten und weil zum Anderen durch die Ost/West-Aufstellung eine gleichmässigere Stromproduktion gewährleistet ist und damit ein höherer Eigenverbrauch ermöglicht wird.
Der Grund ist einfach: Die Sonne geht im Osten auf und im Westen unter. Ost/West Anlagen produzieren also am Morgen und Abend mehr als Süd-Anlagen. Dafür um den Mittag herum weniger.
Achtung: Das funktioniert bei Stringwechselrichtern (alle Module in Serie) nur mit Optimierern oder man verwendet Modulwechselrichter, was den Preis der Anlage verteuert und sich finanziell nicht auszahlt aber den Unabhängigkeitsgrad erhöht.


Wie immer sind Kommentare und Fragen willkommen.

Kommentare

  1. Spannend und wahr...... solange es für einen wie für andere das 500PS Spielzeug in der Garage ist, spielt Amortisation keine Rolle. Es ist wird immerhin etwas für die Ökobilanz gemacht. Was ich selber festgestellt habe. Fassadenmodule reagieren viel weniger auf Diffuses Licht als gen Himmel gerichtete Module, der unterschied ist frappant. Sobald die Sonne weg ist fällt deren Produktion praktisch komplett zusammen, wohingegen die auf dem Dach noch bis zu 20% liefern können.

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    1. Vorsicht:
      - Zahlen sind immer von der Einstrahlung abhängig, pauschal kann man das nie sagen, das müsste man messen. Bei leichten Wolken kommt ein Rest direktes Licht von der Sonne, auch wenn man das nicht immer sieht (Sonnenbrand trotz Wolken!)
      - Im Schatten bringen Module - habe ich öfter gemessen - 5% Leistung, wie bei dicken Wolken.
      - Im Endeffekt ist der Jahresertrag wichtig und der kann an der Fassade durchaus 50% betragen (die ja wie beschrieben meist wertvoller sind, als hohe Erträge bei Sonne).

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    2. Ergänzung, da ich inzwischen weiss wie die Situation aussieht...:
      In einem recht engen Tal wie bei ihnen verursachen die Berge einen Schlagschatten und verhindern die Einstrahlung von Diffusem Licht aus der Entfernung. Daher kommt in solch einer Situation auch die diffuse Einstrahlung vor allem von oben von den Wolken. Von der Seite "sehen" die Module keine Wolken sondern Berge...
      Eine sehr interessante Situation.

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