Speicher ja oder nein?

Um diese Frage seriös beantworten zu können, muss man den Grund kennen, warum ein Speicher gewollt wird. Deshalb hier eine Berechnung und einige Gesichtspunkte als Entscheidungshilfe.




Berechnungsgrundlagen

Kurz:
Ca. 5000 Zyklen heutiger Lithiumakkus = 15 Jahre 1 Zyklus / Tag.
Für einen niedrigen Dauerverbrauch von 200W benötgt man mindestens einen 2kWh netto Kapazität = 2kWh Akku und dementsprechende auch 2kWh Überschuss / Tag um den Akku zu laden.
Damit dies fast jeden Tag möglich ist, muss die Anlage min. 400W Leistung bei Wolken erzeugen.
400W bei Wolken = 5% der installierten Leistung = Eine 8kWp Solaranlage = 25 Module

Was kostet eine gespeicherte kWh?
Z. B. bei kleinen Anlagen kaum zu realisierende 1000 CHF pro kWh Akku geteilt durch 5000 Zyklen in z.B. 15 Jahren = 0.20 CHF/€
0.20 ist in etwa die Differenz zwischen den Strombezugs- und Verkaufs- kosten, womit der Akku am Ende der Zyklen amortisiert ist. Diese Zyklen werden in der Realität aber nicht erreicht (Wolken, Anlage zu klein, Akku zu gross).


Ausführlich:
Z. B. Pylontech gibt für seine Akkus eine Zyklenzahl grösser 5000 (90% DOD und Restkapazität 70-80%) bei einer Lebensdauer von 20 Jahren an.
Gehen wir vorsichtig von 15 Jahren aus, bedeutet dies, man muss in 15 Jahren den Akku 5000 mal Laden und Entladen, um die möglichen Zyklen während der Lebensdauer zu nutzen. 15 Jahre * 365 Tage = 5475. Man braucht also etwa 16 Jahre lang pro Tag einen Zyklus um den Akku voll zu nutzen.

Bei 2.2kWh Kapazität benötigt man also ca. 2kWh Überschuss pro Tag.
Bei 10 Stunden Tageslicht sind das im Schnitt 200W Überschuss. 

Eine von 1000W auf 600W abgerelte Plug&Play Anlage hat  aber im Jahresdurchschnitt eine Leistung von ca. 250W!
(ca. 900kWh/365 Tage/10 Stunden)

Diese Berechnung zeigt, dass PV-Anlagen unter ca. 1300Wp (4 Module) den grössten Teil der Zeit gar keinen Überschuss erzeugen um den Speicher laden zu können...!
Deshalb verstehe ich solche Angebote (z.B. Solmate) nicht. Aussagen man spare so Strom bzw. Geld, sind meines Erachtens nicht nur falsch, sondern mit gutem Willen als Glaube und mit weniger gutem Willen als geschönte Verkaufsbehauptungen zu bezeichnen.

Mode und Trends hin oder her, das ist Spass und Spass ist ein guter Grund um etwas zu kaufen. Aber eine halbwegs richtige Berechnungen sollte möglich sein und ist dem Kunden gegenüber nur fair.

In Zahlen und mit gutem Willen erzeugt eine 1300Wp Anlage nur jeden 2ten Tag (Sonne) den benötigten Überschuss. Die Zeit bis die möglichen Zyklen verbraucht sind verlängert sich somit auf 32 Jahre 😆
Realistisch wohl eher noch mehr als 32 Jahre....
  
OK, ... wenn der Akku nur 1kWh Kapazität hat, sind es wieder 16 Jahre, aber wenn er dafür 2000 kostet, hat man eventuell die Zyklen erreicht, aber aber dafür ist die finanzielle Amortisationszeit doppelt so lang und der Akku stirbt ebenso bevor man das Geld wieder hat...



Hier ein Beispiel einer realen 14.5kWp PV-Anlage mit 10kWh Akku, die bei Wolken oft nur um 500W erzeugt:


Was kostet eine gespeicherte kWh?

Wenn der Akku (zum Beispiel) 1000,- pro kWh Kapazität kostet (incl. teurer Wechselrichter etc.), muss man den Preis durch die in der erwarteten Lebensdauer erwartbaren (nicht möglichen!) Zyklen teilen. 
Die Zahl hängt folgenden Faktoren ab: Eigenverbrauch, Grösse der Anlage und Grösse des Akkus. 
- Unrealistisch: Jeden Tag ein Zyklus:
1000,- geteilt durch die Zyklen in z.B. 15 Jahren 1000 / 5475 (365*15)  = 0.18 CHF/€

- Realistischer: Nur jeden 2ten Tag ein Zyklus, beträgt der Preis der im Akku gespeicherten kWh 0.36.

Wenn der Akku aber 2000,- kostet und wg. Wolken nur alle 2 Tage ein Zyklus leistet, kostet das Speichern einer KiloWattStunde 4 mal so viel: 0.72 (+0.06 fehlende Vergütung).

- Noch schlimmer aber oft empfohlen: Grosse Akkus, 10kWh und mehr. Hier wird der Akku nur bei dauerhaft schlechtem Wetter jemals leer, sprich man hat rechnerisch nicht einen Zyklus alle 2 Tage sondern alle 4 Tage oder gar mehr. Womit die Amortisationszeit jenseits von 50 Jahren liegt.

Zu 0.18 CHF/€ muss die entgangene Vergütung addiert werden z.B. 0.06/kWh = 0.24.
Bei einem Bezugspreis von 0.24/kWh würde man in diesem Beispiel erst nach 15 Jahren Geld sparen.


Man sieht: Eine zu kleine PV-Anlage oder ein zu grosser Akku (im Vergleich zur Anlage oder auch zum Verbrauch) und natürlich ein zu teurer Akku macht eine Amortisation in einer vernünftigen Zeitspanne heute noch nahezu unmöglich.

Und sehr oft sieht man alle miteinander:
- zu kleine Anlage
- zu grosser Akkus
- zu teurer Akku

Vorsicht bitte beachten!
Fast nie wird der Eigenverbrauch des Systems mit Akku berücksichtigt!


Nicht nur der Akku hat mit seinem BMS (Batterie Management System) einen Eigenverbrauch, sondern auch der Wechselrichter, der mit Akku in der Nacht nicht aus ist. Und Hybridwechselrichter haben einen erhöhten Verbrauch. Man kann den Eigenverbrauch in etwa aus der Effizienz berechnen. Wenn dies z.B. schlechte 95% beträgt, sind das bei 4000Wp 200W! Eigenverbrauch + 10%  Verlust (90%Wirkungsgrad) ausgehen. Das sind pro Tag schnell 1-2kWh Verlust. 1-2kWh * 365 = 365-730kWh. Diese kWh müssen erst einmal erzeugt werden... Das ist eher Worst Case aber leider nicht selten.

Speicher zum Spass, Unabhängigkeit oder EW ärgern

Dafür sind Stromspeicher sicher gut geeignet. Unabhängigkeit macht Spass.
Was meine ich mit EW ärgern? Weil es weniger Strom billig bekommt und weniger Strom verkaufen kann... Viele Menschen sind mit der Preispolitik ihres EWs nicht einverstanden.


Ökologie / Umwelt- Klima- Schutz

Fall 1, Inselanlage ohne Netz
Ev. sogar als Ersatz für Generatoren:
Hier schonen Akkus die Umwelt und sind oft sogar wirtschaftlich. Vom höheren Komfort ohne Krach und Gestank ganz abgesehen.

Fall 2, Netz vorhanden aber  Netzüberlastungen durch erneuerbare Energien
Wie z.B. in Deutschland teilweise bereits der Fall.
Hier sind Akkus nützlich weil sie das Netz stützen und die mögliche Menge der EE grösser wird.

Fall 3, Netz vorhanden und keine Netzüberlastung durch erneuerbare Energien
Wie in der Schweiz wohl noch lange der Fall. Da hier relativ wenig Wind oder PV-Strom produziert wird und Wasserkraft als Regelenergie noch zur Genüge zur Verfügung steht:
Hier sind Akkus Geld und Energieverschwendung. Denn Akkus erzeugen keine Energie, sondert brauchen zur Herstellung viel Energie und zudem im Betrieb (ca. 10-30W, also mindestens ca. 100kWh im Jahr).


Finanzielle Gründe (sparen)

Fall 1, Inselanlage ohne Netz
Hier lohnen sich Akkus auch finanziell oder die Frage stellt sich nicht. Z.B. wg. der Sicherheit.

Fall 2, Netz vorhanden aber  Netzüberlastungen durch erneuerbare Energien, 
Nein, bei den heutigen Kosten (2019) lohnen Akkus privat in der Regel nicht.

Fall 3, Netz vorhanden und keine Netzüberlastung durch erneuerbare Energien,
Nein, bei den heutigen Kosten lohnen Akkus privat nicht.


Mit Akkus kann man den Umstieg als machbar beweisen!

Ist die Solaranlage gross genug, um auch bei schlechtem Wetter genug zu erzeugen und man ist bereit bei Wolken sparsam mit der Energie um zu gehen, dann ist 100% Unabhängigkeit möglich! Die benötigte Grössenordnung: Pro 2000kWh / Jahr 10kWp Solaranlage und 4kWh Speicherkapazität. Oder etwas realistischer ein kleiner Biogasgenerator zu einer kleineren Anlage um ein paar Mal im Jahr die Akkus zu laden.


Was wäre eine sinnvolle Alternative?

Wenn ein Speicher von 1kWh mit 600W Modulleistung 2000€ kostet, dann könnte man für dieses Geld eine 3000Wp PV-Anlage kaufen. Eine solche Anlage ist ökologisch nach 2-3 J. und finanziell nach 5-15 J. rentabel.

Vor allem aber erzeugt sie bei Wolken mit 5% von 3kWp 150W statt 5% von 600W = 30W und trägt so auch ohne Sonne wirklich zum Eigenverbrauch bei!


Interessant dabei ist: 
- Ein Akku erhöht den Eigenverbrauch (in kWh und %ual) nur bei genug Sonne aber nicht bei Wolken. 
- Eine grössere PV-Anlage erhöht den Eigenverbrauch (in kWh aber nicht in %) bei schlechtem Wetter, also bei uns zur der Hälfte des Jahres und erzeugt bei gutem Wetter mehr für andere.



Wie immer sind Kommentare und Fragen willkommen.

Kommentare

  1. Ich glaube das hat meine letzten Fragen hier.. bereits beantwortet. Eine DIY max. 600W 3 Module 1200Wp mit 3.3kWh Speicher die eine Grundlast von 150-200W tragen soll.. für 2000.- : wird sich auf Grund der Witterungsverhältnisse nie Amortisieren… dachte eigentlich das sich das nach 3-5 Jahre amortisiert…. Somit ist es eigentlich Sinn und Nutzlos Wirtschaftlich betrachtet. Der Bezug aus dem Netz mit 21 Rappen kommt billiger sogar wenn sich der Strompreis verdoppelt.
    Oder sehe ich das falsch?

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    1. So ist es. Der wesentliche Punkt sind die wenigen Module bzw. max. 600W. Was soll da übrig bleiben für den Speicher? Und 2000,- sind noch zu optimistisch mit aller Regeltechnik.

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